Plan 9 from Outer Space
Mehr oder weniger erfolgreiche Lizenzumsetzungen von mehr oder weniger erfolgreichen Movies sind ja längst eine alltägliche Angelegenheit - was aber mag dabei herauskommen, wenn sich eine respektable Company wie Gremlin den schlechtesten Film aller Zeiten vornimmt?
Natürlich eins der komischsten Adventures aller Zeiten, was den sonst? Die Vorlage gilt zurecht als Cineasten-Leckerbissen, von der Story über die Akteure bis hin zur Ausstattung war bei diesem Trash-Klassiker von 1959 wirklich alles herrlich daneben! Um zu verstehen, wie gut es Gremlin hier gelungen ist, das Feeling von Edward Woods Schauer-Streifen einzufangen, werden wir Euch ein paar tiefere Einblicke in sein Meisterwerk nicht ersparen können.
Die Geschichte dreht sich um eine wahrhaft bemitleidenswerte Alien-Invasion. Bereits achtmal haben die Außerirdischen vergeblich versucht, die Erde zu erobern, es wollte sie bislang aber einfach niemand zur Kenntnis nehmen. Damit Schmach nun endlich ein Ende hat, greift man zum furchterregenden Plan 9 - die Entweckung der Toten steht an! Die Frage ist nur, ob sich mit drei popeligen Pseudo-Zombies vom Landfriedhof wirklich die Welt aus den Angeln heben läßt? Nun, tatsächlich reichte es nicht mal, um das wenig verwöhnte Kinopublikum der 50er Jahre zu überzeugen, einzig die Weltenretter um den heldenhaften Piloten Jeff Trent sind mit Feuereifer bei der Sache.
Gäbe es einen Oskar für das sparsamste Requisiten-Recycling, Plan 9 hätte gleich zwei davon verdient: Nahezu dieselbe (Null-) Möblierung verunziert das Alien-Schiff, Trents Flugzeug und Wohnung, am Friedhof hat es gerade noch für wackelige Papp-Grabsteine gereicht. Wirkliche Berühmtheit erlangte das Machwerk aber, weil der als Dracula-Mime bekannte Hauptdarsteller Bela Lugosi während der Dreharbeiten unerwartet verstarb und daher über weite Teile des Streifens von einem anderen Schauspieler ersetzt würde. Leider war der gute Mann zumindest einen Kopf größer als Bela, da half es natürlich wenig, daß er sich andauernd ein Cape vors Gesicht hielt! All das (und noch viel mehr) ist deshalb so witzig, weil es die Crew ganz offensichtlich bierernst mit diesem Film gemeint hat - im Vergleich zur versofteten Version. Unter den Händen von Gremlins Digi-Magier geriet die Geschichte zu einer einzigen Verhohnepiepelung voller schauriger Friedhöfe, "erpflockter" Vampire und sonstiger Ausdrucksformen angelsächsischen Humors. Dabei geht es hier an sich um ganz andere Dinge: Der Streifen ist nämlich schon längst abgedreht, nur leider kamen dem Produzenten fünf der insgesamt sechs Filmrollen abhanden. Folglich werdet Ihr beauftragt, den Plunder gegen coole Kohle wieder herbeizuschaffen. Den Job sollte allerdings nur akzeptieren, wer wirklich bereit ist, sich scheckig zu lachen; bissige Bemerkungen werden hier nämlich gleich und groß serviert! Ein gutes Beispiel für die feinsinnige Ironie des Games wäre auch, daß in Anlehnung an die Schwächen der Zelluloid-Vorlage der ewig gleiche Fettwanst in den verschiedensten Rollen aufmacht - vom Filmproduzent über einen Barkeeper bis hin zum Gorilla des amerikanischen Präsidenten ist dieser Bursche allen Sätteln gewachsen. Vor lauter Grinsen über dieses Feuerwerk an Gags könnte man glatt vergessen, daß wir es letztlich doch mit einem "normalen" Adventure zu tun haben, wo es natürlich auch allerlei Rätsel zu knacken gibt.
Ein nicht allzugroßes Fenster zeigt dem Bildschirm-Abenteuer zu diesem Zweck hübsche und manchmal wirklich super-realistisch animierte Bilder der Mitwirkenden bzw. Räume, welche dann bequem mit der Maus beklickt werden können. Zusammen mit dem eher schmalen und ebenfalls per Nagetier zugänglichen Befehlsmenü hat man es so mit einer handlichen und absolut problemlos funktionierenden Steuerungsmethode zu tun. Ja, nicht einmal um eventuell übersehene Ausgänge braucht sich der Spieler zu sorgen, denn eine Windrose läßt stets alle verfügbaren Marschrichtungen aufleuchten. Und das sind insgesamt nicht wenige, denn das Programm ist ganz hübsch umfangreich. Anfänglich sind zwar nur die Büros der Filmcompany und ein Stück Straße samt zweier Kneipen zugänglich, im Zuge der Nachforschungen stößt man jedoch auf neue Adressen, die immer weiter die Stadt hineinführen und per Taxi angesteuert werden. Schließlich geht es sogar mit dem Düsenjet in die weite Welt hinaus - Rio, Australien oder Hong Kong sind weitere Stationen der fußnagelsträubenden Jagd nach den verschollenen Filmrollen.
Was Präsentation und Technik angeht, bliebe eigentlich nur noch das Schick animierte Intro, die zweieinhalb Minuten animierte digitalisierter Filmsequenzen während des Spiels und der Sound zu erwähnen. Tja, was soll man sagen: Selten hat ein dezenter Keuchhusten oder nervendes Rasseln von Telefonen echter geklungen. Zudem werden die Audio-Fans während der Arbeit einer nett lauschigen Hintergrundmusik versorgt, keine Kritik von dieser Seite also. Sicher, die Rätsel dieses Chaos-Adventures bieten wenig mehr als die genretypische Schnitzeljagd nach benötigten Gegenständen (Schlüssel, Kreditkarte, Adressen...), aber Stimmung und Humor sind einfach göttlich. Und falls das für Euch nicht Grund genug sein sollte: Der Packung liegt ein Video des Original-Films bei, sogar mit deutschen Untertiteln! (jn) Amiga Joker, Mai 1992 |
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hinzugefügt: May 7th 2013
Magazin: AJ
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Sprache: german