Carthage
Schon mal von den Punischen Kriegen gehört? Oder von Hannibal. Der mit einer Elefantenkarawane über die Alpen gezogen ist und den Römern fürchterlich eins auf's Haupt gegeben hat? Nein? Na, dann wißt Ihr ja gar nicht, warum und mit wem Ihr Euch hier rumprügeln dürft...
Macht aber nichts, denn so wahnsinnig genau hat es Psygnosis mit den historischen Fakten ohnehin nicht genommen. Anders ausgedrückt: Hier darf man (als karthagischer Feldherr) die Geschichte neu schreiben! Beschreiben läßt sich Carthage am besten als Strategiegame mit Actioneinlagen. Gespielt wird überwiegend auf einer dreidimensionalen Darstellung des "Krisengebietes" in Fraktalgrafik. Ähnlich wie bei "Powermonger" kann man einzelne Ausschnitte vergrößern, die Landschaft in verschiedene Richtungen scrollen, den Betrachtungswinkel wechseln, oder sich die Gegend auf einer 2D-Übersichtskarte anschauen. Locker verteilt in der Fraktallandschaft findet man Symbole für die verschiedenen Truppenteile, Garnisonsstädte und Bataillone. Alle Kommandos werden mit Hilfe kleiner Iconfelder eingeleitet: Per Mausklick treibt man Geld für seine Truppen auf, verteilt die Leute auf dem Schlachtfeld oder entläßt sie wieder, sobald keine Kohle mehr für sie da ist.
Treffen zwei feindliche Armeen aufeinander, muß man seine Einheiten (samt Bogenschützen, Katapulten, etc.) möglichst clever im Gelände plazieren. Je schlauer man sich dabei anstellt, umso weniger Stärke- und Loyalitätspunkte verlieren die Truppen dann im Kampf. Damit sich die Jungs für die nächste Auseinandersetzung ausruhen können, sollte man sie nach geschalgener Schlacht in eine Garnisonsstadt führen. Zwischendurch kann man mit dem Streitwagen zu den diversen Städten fahren, um dort den sehnlichst erwarteten Gold abzuliefern. Ist ja klar: Geld macht müde Krieger munter! Aber es ist einiges Geschick beim Umgang mit dem Joystick vonnöten: Mit seinem Wägelchen muß man herumliegenden Felsbrocken und Ästen ausweichen – wer dabei zuviele Unfälle baut, verliert einen Geldsack nach dem anderen! Wird man unterwegs von einem Römer angegriffen, wechselt die Perspektive, und man sieht den jetzt entbrennenden Kampf von oben. Nun gilt es, den Gegner zu rammen oder ihn mit der Peitsche zu verdreschen. Carthage hat ein durchaus interessantes Konzept, dazu ist das Game auch grafisch ganz ordentlich gelungen, selbst der Sound ist überdurchschnittlich. Hier könnte sich der Strategiespezialist SSI für seine Fließbandproduktionen ruhig mal eine dicke Scheibe abschneiden! Spielerisch ist die digitale Geschichtsstunde allerdings dünn: Die Streitwagensequenz kann zwar mit ganz beachtlichen Animationen aufwarten, ist aber deshalb noch längst kein vollwertiges Actiongame. Und gestandene Strategen werden mit den Armeeverschiebe-aktionen auch nicht übermäßig viel Freude haben. Außerdem stört der häufige Wechsel zwischen Maus (Strategie) und Joystick (Action). Schade, denn mit einem etwas komplexeren Spielablauf hätte Carthage ein echter Renner werden können – so aber ist es im vierversprechenden Ansatz steckengeblieben. (C. Borgmeier) Amiga Joker, Februar 1991 |
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hinzugefügt: September 15th 2013
Magazin: AJ
Punkte: 1
Hits: 1489
Sprache: german