Complete Chess
Vor Jahren erwarb sich Oxford Softworks mit dem "Chess Champion 2175" Ruhm und Ehre unter den Digi-Karpows – nun beglückt man den Amiga mit der längst überfälligen PC-Umsetzung einer weiteren Schachlegende.
Gute Sache, denn abgesehen von in Ehren ergrauten Altmeistern wie "Colossus" oder "Battle Chess" tummeln sich ja nicht allzu viele Versoftungen des königlichen Spiels in unseren Breiten. Und wenn, wie hier, äußerlich eher schlichte Hausmannskost angesagt ist, dann wittert der Schach-Fan Optionsreichtum und Spielstärke...
Nun, im Angebot sind drei Figurensets (Klassisch, Holz und Science-fiction), die wahlweise aus der Vogelperspektive oder in einer 3D-Ansicht betrachtet werden dürfen. Letztere macht optisch etwas mehr her, dafür ist sie nicht unbedingt ein Wunder an Übersicht. Die Spielstärke des in vier verschiedenen Stilrichtungen kämpfenden Programms beträgt laut Handbuch 2.200 ELO-Punkte, was nicht eben wenig ist – ein Bundesligaspieler kommt auf rund 2.000 Punkte. Doch ist der Wert eher theoretischer Natur, denn in der Praxis wird man ihn wohl nur mit mehr als 2 MB RAM und einigen Stunden Bedenkzeit erreichen. Bei fünfminütigen Blitzpartien macht das Schachsystem dagegen (trotz der erweitbaren Eröffnungsbibliothek von 300.000 Zügen) gleich am Anfang Harakiri-Züge und übersieht des öfteren Doppelangriffe, Springergabeln oder gar Mattdrohungen. Die Optionsvielfalt stellt dafür Einsteiger und alte Hasen gleichermaßen zufrieden: Es werden 15.000 abgespeicherte Meisterpartien vorrätig gehalten, die sich genau wie die eigenen Großtaten mit Kommentaren versehen und ausdrucken lassen; man kann Stellungen eingeben und sich vor jedem Zug einen Digi-Tip zu Gemüte führen. Ebenfalls möglich ist das Editieren von Stellungen und die rechner-gesteuerte Such nach Mattzügen. Dazu läßt sich die Remisbreite einstellen, man darf dem Rechner ein künstliches Handicap verpassen oder sich selbst einem Leistungstest unterziehen, wo bei vorgegebenen Stellungen unter Zeitdruck der Idealzug zu finden ist. Die anschließend errechnete perönliche ELO-Zahl sollte man allerdings nicht zu ernst nehmen, denn bereist nach wenigen Erfolgen erreicht sie Großmeister-Niveau... Optisch und akustisch ist wie gesagt alles andere als der Bär los, zumal sich die Musikbegleitung auf einen jämmerlichen Piepton beschränkt und das spröde Brett in erster Linie durch seine unbestreitbare Funktionalität überzeugt. Recht schön gemacht ist dagegen die problemlose Steuerung per Maus und Pulldownmenüs, womit das Programm trotz aller Schwächen ein brauchbarer Trainingspartner für Einsteiger und Fortgeschrittene ist. Wer allerdings längst in höheren Turnier-Hemisphären schwebt, braucht sich nicht extra die forderlichen 2MB RAM für seine "Freundin" zu besorgen – dann ist dieses Digi-Schach ohnehin mehr Opfer als ebenbürtiger Gegner. (md) Amiga Joker, Februar 1995 |
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hinzugefügt: October 30th 2013
Magazin: AJ
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Sprache: german