Darkmere
S elbst die Veteranen in der Redaktion können sich nicht mehr genau erinnern, wann Core Design dieses Actionadventure zum ersten Mal angekündigt hat – durch die endlos lange Produktionszeit ist das Spiel aber auch schier endlos umfangreich geragen!
E rstaunlich, aber wahr: Das Fantasy-abenteuer ist in drei Kapittel eingeteilt, in denen jeweils ungefähr 150 Lokalitäten zu besuchen sind. Die bildweise umgeschalteten und aus der isometrischen 3D-Perspektive gezeigten Grafiken erinnern dabei massiv an Renegade's Klassiker "Cadaver", inhaltlich geht Darkmere jedoch durchaus eigene Wege. Das fängt bereits mit dem hübschen Intro an, das weitschweifig erläutert, wie es der Elf Gildorn zum Herrscher der (Menschen-) Stadt Darkmere gebracht hat. Das unerklärliche Verschwinden seiner Gattin vermieste ihm allerdings bald die Lust am Regieren, so daß sich in Darkmere allerlei Gesindel vom Ork bis zum Drachen breitmachen konnte. Das wiederum paßte der eingesessenen Bürgerschaft nicht, die daher scharenweise aufs Land flüchtete. Um der Stadt wieder die alte Lebensqualität zu bescheren, macht sich Gildorn's Sohn Ebryn nun auf die Suche nach dem magier Malthan, der ihm dabei helfen soll, den Abschaum zu verscheuchen.
Zu Beginn der Mission dirigiert man mit einem Zauberschwert ausgerüsteten Ebryn durch die düsteren, aber sehr detailreichen Gassen und Häuser von Darkmere, später stehen auch immer wieder kurze Ausfläuge in die landschaftlich reizvolle Umgebung auf dem Programm. Gesteuert wird mit dem Joystick, ein kurzer Druck auf den Feuerknopf führt dabei in ein umfangreiches Auswahlmenü, wo man z.B. Die mitgeführten Gegenstände begutachten oder die gerade besuchte Örtlichkeit durchsuchen kann. Als sehr angenehm erweist sich hier die automatische Auflisting sämtlicher Inventory-Objekte, welche in der aktuellen Szene anwendbar sind. Besitzt man etwa den passenden Schlüssel zu einer der herumstehenden Truhen, so läßt er sich ohne langes Rumprobieren benutzen. Außerdem wird in Darkmere oft und gern mit Hilfe von Stichwortlisten geplaudert; dazu muß man sich nur der betreffenden person auf Schrittweite nähren, damit deren Portrait in der unteren Bildhälfte erscheint. Wenn man das gleich mal bei dem Torwáchter im ersten Bild probiert, stellt sich heraus, daß zum Verlassen der Stadt ein Paßwort nötig ist. So was gibt's hier allerdings nicht geschenkt, statt dessen darf man sich wegen der paar Buchstaben in dem weitverzweigten Kaff stundenlang die Hacken ablaufen... Immerhin erleichtern überall angebrachte Straßenschilder dem Wanderer die Orientierung, zudem zeigen ihm Richtungspfeile am Bildrand alle gangbaren Wege an. Zur atmosphärischen Untermaling flackern alte Laternen im Wind, verstreute Knochen künden von längst verblichenen Helden, und allerorten stößt man auf (zum Teil animierte) Figuren wie Händler, Bettler oder Söldner, die ausnahmlos einer eingehenden Befragung unterzogen werden sollten – besonders informativ ist ein Besuch in der Kneipe, wo jede Menge Quartalssäufer herumlungern. Aber auch ein orstkundiger Schmied, der Besitzer des Waffenladens sowie ein Alchimist, der für bestimmte Zaubertränke einfach alles tun würde, sind ein Schwätzchen wert. Auf diese Weise erfährt man nach und nach, daß eine alte Frau bezüglich des Paßwortes ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Leider ist ausgerechnet diese Seniorin spurlos verschwunden, ihr Haus verrammelt, und nur der Schmied weiß, wo man den Schlüssel dafür findet. Als Gegenleistung verlangt er fünf Eisenbarren der Art, wie sie manchmal in verlassenen Häusern vor sich hin rosten. Nun sind aber die meistern der teils mehrstöckigen Gebäude ebenfalls verschlossen, ergo darf man bei seinem Stadtbummel nicht davor zurückscheuen, sämtliche Gossen genauestens zu inspizieren: Neben Schlüsseln, auf denen praktischerweise fast immer die dazugehörige Adresse eingraviert ist, entdeckt man dort z.B. Nahrungsmittel, die den lädierten Gesundheitszustand von Ebryn nach einem Kampf wieder auffrischen. Auch Zaubertränke bringen verbreauchte Energie sofort zurück, und das Geld liegt in Darkmere buchstäblich auf der Straße. Allerdings sollte man die Lebensmittel und Heiltränke von der Genuß gründlich untersuchen, denn etliche davon sind verdorben oder gar vergiftet. Und weil sich im Lauf der Zeit allmählich ein riesiger Berg von gehamsterten Gegenständen ansammelt, wäre es auch nicht verkehrt, den magischen Beutel zu finden, der seinem Besitzer zu unbegrenzter Tragkraft verhilft. Natürlich halten sich in der Stadt auch allerlei Übeltäter verborgen, wobei man es wie gesagt meist mit Orks oder Drachen zu tun bekommt. Hier schlägt dann die Stunde des magischen Schwertes, welches bevorstehenden Ärger schon im voraus ankündigt. Die Zusammenstöße mit den Ungeheuern werden in Echtzeit durch fleißiges Betrommeln des Feuerknopfes bei gleichzeitigem Positionswechsel von Ebryn ausgefochten. Sinkt die feindliche Energiesäule endlich auf Null, löst sich der Unhold in Rauch auf und läßt (manchmal) einige Gegenstände zurück. Droht das Gegenteil, hilft nur noch die Flucht in ein anderes Bild oder ein gespeicherter Spielstand. And der stimmigen Präsentation mit gesampeltem Digi-Sound, detailverliebten Grafiken und der präzisen Joysticksteuerung gibt es außer dem gelegentlich etwas kleinen Bildausschnitt wenig auszusetzen – richtig genießen können sie wegen der nervigen Nachladezeiten von Disk allerdings bloß Festplattenbesitzer. Warum es trotzdem nicht zu einem Hit reicht? Nun, dazu hätte es schon noch ein bißchen mehr Abwechslung beim Gameplay und die eine oder andere revolutionäre Neuerung gebraucht. Auch wenn sich das neue Core-Abenteuer in puncto Umfang und Komplexität vor niemandem zu verstecken braucht! (md) Amiga Joker, April 1994 |
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hinzugefügt: March 27th 2014
Magazin: AJ
Punkte: 1
Hits: 1808
Sprache: german