Detroit (Ruesselsheim)
(aka Detroit)
Nach allerlei strategischen Flops wie "The Blue and the Gray" ging man bei Impressions in sich – als die Jungs wieder herauskamen, hatten sie eine komplexe Wirtschaftssimulation für digitalen Automobilbau dabei, die sich vor keiner Genre-Größe zu verstecken braucht! |
Das US-Original hieß noch "detroit", doch am PC wurde bereits vor zwei Monaten diese komplett deutsche Version vorgestellt. Nun dürfen also aucm am Amiga bis zu vier menschliche Manager (ersatzweise springt der Rechner ein) ins Jahr 1908 zurückkehren, um binnen 100 Jahren einen weltweit operierenden Automobilkonzern auf- bzw. Auszubauen.
Der mit vielen historischen Details gespickte Produktionswettkampf ist in monatliche Runden eingeteilt und beginnt mit der Wahl des Firmensitzes auf dem aus 16 Absetzgebieten bestehenden Weltmarkt. Bereits hier sollte die Maus umsichtig knabbern, denn kurz nach der Jahrhundertwende war etwa in Afrika das automobile Zeitalter noch längst nicht angebrochen. Ist die Standortfrage geklärt, bekommt man seine Grundausstattung zugewiesen, die sich abhängig vom Schwierigkeitsgrad aus einer unterschiedlich hohen Bargeldsumme, einer kleinen Fabrik, einem Verkaufsbüro und einem fixfertigen Pkw-Prototypen zusammensetzt. Anschließend erblickt man das Hauptmenü – es besteht aus dem Firmengelände, wobei jedes der sechs Gebäude ein anklickbares Untermenü repräsentiert: Personal, Märkte & Fabriken, Design, Forschung, Archiv und Marketing. Im Personalbüro heuert man Techniker und Arbeiter (zu variablen Löhnen) an und schickt erstere dann umgehend ins Forschungslabor, wo sie selbstständig an der Weiterentwicklung von insgesamt sieben Baugruppen wie Motor, Bremsen, Federung oder Karosserie arbeiten. Neue Automobile entstehen im Designmenü, wo man sich nach der Entscheidung für den grundsätzlichen Typus (Sportwagen, Limousine, Lkw, etc.) die gewünschte Karosserie und die passenden Innereien aussucht. Klar, daß es dabei nicht nur auf äußere Schönheit ankommt, denn ein Laster muß in erste Linie viel transportieren können, während man bei einer Nobelkarosse die kleinen, aber feinen Details wie z.B. eine Innenraumheizung nicht vergessen darf. Die Stunde der Wahrheit schlägt, sobald unser frisch konstruiertes Baby das erste Mal leise zu röcheln beginnt und nun einem umfangreichen Testprogramm unterzogen wird. Hier ermittelt man Dinge wie Benzinverbrauch, Straßenlage, Beschleunigung oder Ladekapazität under erhält als Ergebnis einen Prozentwert, der schon erste Hinweise auf die erzielbaren Verkäufe gibt. Bis zu 16 Prototypen lassen sich so erstellen und in Serie produzieren, überzählige Projekte landen im Archiv. Man kann übrigens auch Komplettdesigns von Fremdanbietern zukaufen, nur wird es dann eben deutlich teurer. So oder so latscht man danach mit den Konstruktionsplänen unterm Arm in die Fabrik, wo man eines oder mehrere der sechs Montagegebäuder anwirft und seine Arbeiter davorstellt. Weil sich die fertigen Benzinkutschen ihre Kunden nicht von alleine suchen, eröffnet man auf den einzelnen Märkten Verkaufsbüros, legt die Vertriebswege und Preise für die jeweiligen Gebiete fest und zündet via Marketingabteilung ein Werbefeuerwerk an Inseraten, Plakaten und Zeitungsartikeln, woran sich später noch Radio- und TV-Spots anschließen. Die hoffentlich bald strömenden Gewinne ermöglichen die Neugründung von Fabriken in anderen Ländern oder den (zehnstufigen) Ausbau von bestehenden Fertigungsstätten – aus Kostengründen ist hier eine gesunde Mischung beider Vogehensweisen anzuraten. Was die Techniker unterdessen an bahnbrechenden Verbesserungen ausgeknobelt haben, findet sofort Eingang in die laufende Produktion, selbst die auf Halde lagernden Blechschlüsseln dürfen jederzeit mit den neuesten Gimmicks nachgerüstet werden. Und auch wenn bisher fast ausschließlich von Betriebsinterna die Rede war, produziert man doch keineswegs im luftleeren Raum. Die von Zeit zu Zeit eingestreuten Meldungen über den Ausbruch des Ersteln Weltkriegs, die Weltwirtschaftskrise oder einen Streik für mehr Lohn haben sogar dramatischen Einfluß auf die Absätze! Nur ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen verkraftet so etwas, im Notfall hilft natürlich auch die Hausbank mit einem Kredit weiter. Zwar bricht hier eine wahre Menülawine über den bzw. Die Spieler herein, doch bekommt man sie recht schnell in den Griff; außerdem gibt es ja noch das informative Handbuch mit seinem Tutorial und vielen nützlichen Tips für den ersten Einstieg. Ein Extralob haben sich die unzähligen, auch ausdruckbaren Statistiken und Bilanzen verdient, zudem kann man Gutachter mit der Anfertigung von Vergleichsstudien zur Konkurrenz beauftragen. So schön das alles ist, so wenig begeisternd ist die etwas dröge und nicht animierte Grafik ausgefallen. Dabei ist die im übrigen identische Standard-Version etwas bläßlicher ausgefallen als das AGA-Modell, klassisch angehauchte Begleitmusik gibt es hier wie dort. Und selbst wenn die Maus am 500er einen Tick schwammiger reagiert, muß man doch beiden Version zugute halten, daß sie sich erkennbar flotter spielen als das PC-Urmodell. Eine kleine Rüge können wir dem Hersteller aber anschließend dennoch nicht ersparen: Der auf der Packung prangende Hinweis, daß für den Spielbetreib ein Zweitlaufwerk ausreicht, erwies sich als unzutreffend – am 500er startet das Game ohne Festplatte erst gar nicht, und beim 1200er können bei HD-Mangel keine Spielstände abgespeichert werden. Wer damit Probleme hat, kann also nur auf Max Designs Gegenstück "Oldtimer" warten... (ml) Amiga Joker, Oktober 1994 |
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hinzugefügt: September 11th 2014
Magazin: AJ
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