Dungeon Master 2 -The Legend Of Skulldeep
AGA
FTL steht nicht umsonst für "Faster Than Light": Zusammen mit Interplay haben die englischen Programmierer kaum sechs Jahre für den AGA-Nachfolger des großen Rollenspiel-Klassikers benötigt! Für unseren bösen Sarkasmus wandern wir jetzt mit Lichtgeschwindigkeit in den Kerker... |
Stellen wir spaßehalber mal das Fazit dieses Tests an den Anfang: Obwohl der zweite Kerkermeister im PC Joker mit modrigen 67 Prozent Gesamtwertung abgefertigt wurde, können wir ihm am Amiga den Hit nicht verweigern – und das nicht nur aus Gründen der hier weit stärkeren Tradition dieses Rollenspiels (siehe Info-Box), sondern halt auch mangels aktueller Konkurrenz. Tatsächlich sieht das Game seine Vorgänger trotz der vielen Jahre und der vielen Umstrukturierungen während der Produktion nämlich verdächtig ähnlich: Nach wie vor tritt man mit einer vierköpfigen Heldentruppe zum Kampf gegen das Böse im Lande Zalk an, diesmal verkörpert durch den Magier Dragoth und seine Schergen. Diese wilden Tiere, fiesen Zauberer und untoten Kreaturen trifft man hier aber nicht nur in 3D-Grüften an, denn neben weitverzweigten Dungeons verfügt Dungeon Master II neuerdings auch über stürmische Wälder, alte Ruinen sowie einen schaurigen Friedhof. Gesucht wird da wie dort zunächst mal nach vier Schlüsseln, um in die Ruinenfestung "Skullkeep" zu gelangen, wo eine alte Maschine namens "Zo Link" vor sich hin rostet – und allein mit ihrer Hilfe kann man zum großen Finale in Dragoths Dimension überwechseln. Richter und Henker des Endgegners ist in Personalunion der magisch begabte Soldat Torham Zed, in der Folge auch Spieler genannt. Er sucht sich in der Abenteuerhalle zunächst drei Begleiter aus den 15 Helden aus, die dort seit 1989 gefangen sind. Okay, das stimmt nicht ganz, denn in den Schneewittchensärgen mit Frischegarantie finden sich nun andere Kämpen, als sie das Original zu bieten hatte. Die Auswahl sollte aber einmal mehr mit besonderer Sorgfalt getroffen werden, denn jeder hier schlummernden Ninjas, Kämpfer, Priester und Magier verfügt über unterschiedliche Fähigkeiten in neun Bereichen wie Stärke, Lebensenergie oder Zauberpotential. Und eine ausgewogene Zusammenstellung der Party steigert die Erfolgsaussichten beim Bestehen der teils ultraschweren Kämpfe ungemein! Zudem wäre darauf zu achten, daß die einzelnen Recken die Erfahrungsstufen der Beförderungsleiter unterschiedlich schnell erklimmen. Ihre Meriten sammeln die Damen und Herren wie gehabt in dreidimensionaler Umgebung, die mittels Maus oder Tastatur und sechs Richtungspfeilen schrittweise durchwandert wird. Doch während es beim Vorgänger ausschließlich durch enge Gänge ging, sind die Räumlichkeiten nun weitaus breiter, wodurch sich die Gegner buchstäblich von allen Seiten anschleichen können – um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, kann jeder der Heroen in eine andere Richung schauen und hauen. Zu sehen bzw. Finden gibt es allerorten nützliche Heilkräuter, Wurfsteine, Schlüssel etc, die per Mausklick eingesackt werden. Wer (durch die genreübliche Leichenfledderei) bereits über eine ausreichende Barschaft verfügt, kann sich zudem in vier Ladentypen mit Rüstungen, Waffen, Nahrungsmitteln und Kräuteren zu variabel erfeilschten Preisen eindecken. Jedenfalls verfügen alle vier Recken über ein eigenes Inventory mit je 16 freien Plätzen, können aber stets nur so viel Gepäck mit sich herumschleppen, wie es ihre vom erfahrungslevel abhängige Tragkraft zuläßt.
Kommt es zum Kampf, geht es in Echtzeit und icongestuert zur Sache, wobei die auberkundigen Kollegen erst dann helfend eingreifen können, wenn sie einen Spell parat haben. Die 34 Sprüche für Feuerbälle, Unsichtbarkeit, Telekinese usw. müssen nämlich erst recht umständlich mit einem ganzen Schwung von Bild-Icons bezüglich ihrer Stärke, Elemente Form und Ausrichtung zusammengerührt werden – wie das geht, erfährt man etweder durch schlichtes Ausprobieren oder durch das Studium der in manchen magischen Relikten eingewobenen Runen. Auf alle Fälle sind Hexenmeister in der Gruppe bei den überaus happigen Anfangsgefechten keine große Hilfe, später jedoch unabdingbar. Der Lohn der Mühe sind natürlich gesteigerte Charakterwerte bis hin zum 14. Level ("Mon-Meister"), man darf die Hinterlassenschaften wie Waffen, Gold, Futter oder Rüstungsteile einbehalten und eventuell erlittene Wunden mit Heltränken oder einem Gesundheitsschlaf lindern. Sollte ein Mitstreiter gar den Tod finden, kann man seine Gebeine wie gewohnt an einem speziellen Altar wiederbeleben, wobei der Digi-Lazarus dann aber ohne sein zuvor gehortetes Hab und Gut aufersteht. Zum Trost hier noch ein kleiner Tip: Da an den bereits besuchten Orten die schon abgemurksten Monster (und auch die aufgeklaubten Gegenstände) zumeist wiederholt auftauchen, kann man immer wieder dieselben Gegner zum Kampf fordern und so den Erfahrungslevel recht schnell in die Höhe schrauben. Aber die schlagkräftigen Saurier, Skelette oder Wirbelwinde, denen man oft auch durch eine schnelle Flucht entgehen kann, sind ja nicht die einzigen Gefahren in Zalk. So regnet es in der freien Natur ziemlich oft, und wenn die Truppe dann auf freiem Feld von einem Blitz getroffen wird, nimmt das Spiel ein jähes Ende. Hinter jeder zweiten Ecke lauern zudem Diebe, tückische Gruben und unvermutet zufallende Türen oder Gitter; außerdem gilt es, einige äußerst schwierige Geschicklichkeitseinlagen in Echtzeit zu bewältigen: Beispielsweise muß ein Mechaniscus in Gang gesetzt und dann in Windeseile ein zuschnappendes Tor durchquert werden. Diesbezüglich verdienen selbst so profane Gegenstände wie Tische oder Lampen Beachtung, denn es besteht immer die Möglichkeit, daß sich dahinter geheime Schalter oder noch geheimere Geheimgänge verbergen. Wie seit eh und je muß der Spieler auch an die Verpflegung seiner Leute denken, denn die Truppe knabbert stetig am Vorrat, und man will ja vermeiden, daß der eine oder andere aus einem Schläfchen wegen Hunger oder Durst nie wieder aufwacht. Wer Irrwege vermeiden will, sollte sich zudem im Shop einen Kompaß zulegen und gleich zu Beginn nach dem erweiterbaren Automapping Ausschau halten – selbst wenn es nur von sehr begrenztem Nutzen ist, da es bloß einen kleinen Landschaftsausschnitt aus der Vogelperspektive zeigt und bei jedem Gebrauch das für die Zaubereien nötige Manakonto des Kartenträgers belastet. Andererseits ist es schon eine Mühe, die abwechslungsreichen, aber verzwickten Irrgärten von Hand zu kartographieren... Doch zurück zum Anfang: Bis auf das hier fehlende Intro und die weggelassenen Zwischenanimationen entspricht Dungeon Master II am Amiga der PC-Version aufs Haar und wartet daher mit zwar nur kleinen, aber doch feinen Verbesserungen gegenüber dem Alten Original auf. So garantieren die morbide gezeichneten und durch Fackeln oder Blitze stimmungsvoll ausgeleuchteten 3D-Locations sehr atmosphärisches Gameplay, die Monster sind Häßlicher bzw. Hübscher denn je, und die dezent verbesserte Maus/Tastatur-Bedienung ist ohnehin von zeitloser Genialität. Die mäßigen Animationen sind jedoch alles andere als zeitgemäß, besonders wenn man an die PC-üblichen und auch am Amiga inzwischen längst nicht mehr seltenen Dungeon-Spiele mit flüßig scrollender Texture-Grafik denkt. An der Akustik gibt es wiederum wenig zu mäkeln, denn es warten schön düstere Melodien und zahllose Sound-FX. Kurzum, wer mit einem schwachen Automapping, einem dafür exorbitanten Schwierigkeitsgrad und dem Charme der frühen Jahre leben kann, der wird hier bestens bedient – zumal Dungeon Master II am Amiga bestimmt kein reiner Lückenfüller in der Rolliflaute ist, sondern ein umfangreiches und packendes Abenteuer in klassischer Tradition! (md) Amiga Joker, Oktober 1995 |
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hinzugefügt: February 17th 2015
Magazin: AJ
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Sprache: german