Aufschwung Ost
Jeder Stammtischpolitiker hat seine Patentlösung für die miet der Wiedervereinigung einhergehenden Probleme – das neue Sunflowers-Label kann dagegen mit einer praxisnahen Polit-Simulation aufwarten!
Deren spielerische Wurzeln reichen bis in die Zeit zurück, als Erich Honecker noch ein seltener, aber gern geschener Gast in Chile war: Anno „Sim City“ durften wir schon mal mit der Maus eine aus der Vogelperspektive gezeigte (Stadt-) Landschaft zum Blühen bringen, während wird uns über das rucklige Scrolling und den piepsigen Sound amüsierten. So gesehen stößt man hier von den Iconmenüs über die diversen „Katastrophen“ bis zu der Flut an Statistiken vorwiegend auf Altbekanntes. Trotzdem gestaltet sich der wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufbau der ex-DDR in der Zockerpraxis ganz anders als Maxis’ Städtebauklassiker. Im Endeffekt geht es darum, durch eine kräftige Steigerung des Brutosozialprodukts in den fünf neuen Bundesländern sein eigenes Ansehen als Politiker in unermeßliche Höhen zu treiben. Dafür wählt man zunächst unter sieben Szenarios aus, von denen eines der historischen Situation des Jahres 1989 entspricht und ein weiteres nur zum Üben gedacht ist. Bei den anderen steht jeweils eine besondere Problematik (hohe Arbeitslosigkeit, Umweltschäden, etc.) im Vordergrund, aber natürlich bekommt man es überall mit den bekannten Finanz-, Verkehrs-, Kultur-, Energie-, Umwelt-, Beschäftigungs- und Kriminalitäts-Problemen zu tun.
Zu deren Lösung steht eine zoombare Landkarte bereit, die aus der Nähe betrachtet nun wirklich schwer an eine „Sim City“-Ansiedlung erinnert. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Aktionen des Spielers, der per Maus und (Unter-) Menüs Straßen, Fußballplätze, Atomkraftwerke, Mülldeponien, Häfen, Kläranlagen und Polizeistationen errichtet, die Steuern festsetzt, Wälder abholzt, im Fall des Falles Nahrungsmittel importiert oder nach Bodenschätzen sucht. Gelegentlich schrillt auch das Bildtelefon, etwa wenn irgendwo ein Brand ausbricht oder die Kriminalitätsrate in Rostock beunruhigend ansteigt. Dazu wird man fortlaufend über seine Beliebtheit bei den Bürgern im Lande informiert, und schließlich regnet es jeden Monat Statistiken zu allen erdenklichen Themen in übersichtlicher Tabellen- bzw. Diagrammform. Erstaunlicherweise macht das Gameplay in der Praxis einen wesentlich eigenständigeren Eindruck, als es sich in der Beschreibung anhört. Aufschwung Ost ist doch um einiges komplexer und detailreicher als das bejahrte „Sim City“, selbst wenn man um des flüssigen Handlungsablaufs willen auf etliche Dinge verzichtet hat – beispielsweise spielen weder die politishen Parteien noch die bekannten Treuhand-Probleme eine Rolle. Bei der Präsentation wurden gegebüber der zeitgleich veröffentlichten PC-Version kaum Abstriche gemacht: Manche Icons sehen etwas anders aus, der Amiga rechnet gelegentlich etwas länger, aber sonst wird man ebenso ordentlich bedient wie auf der DOSe. Na, dann schwingen wir uns mal auf! (C. Borgmeier/od) Amiga Joker, Januar 1994 |
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hinzugefügt: May 1st 2013
Magazin: AJ
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Sprache: german