Eye of the Beholder 2 - The legend of Darkmoon
Gemessen am üblichen SSI-Standard, hat der legendäre Dunkelmund den Weg zu unserer „Freundin“ ja fast mit Lichtgeschwindigkeit gefunden. Aber was noch viel wichtiger ist: Gemessen am üblichen Konvertierungsstandard haben wir es mit einer absolut vorbildlichen Umsetzung zu tun!
Anderseits ist das auch nur recht und billig, immerhin war dem Erst-Beholder nicht umsonst soviel Erfolg beschieden: Erstmals wurde ein AD&D-Rollenspiel am Computer so präsentiert, wie wir das gerne sehen – toll animierte 3D-Grafik, Echtzeit-Rätsel und – Kämpfe, sowie eine rundweg geniale Steuerung. Natürlich gab es auch Beschwerden, etwa über den etwas niedrigen Schwierigkeitsgrad, die fehlende Außenwelt der reinen Dungeon-Wanderung oder daß nebendem prinzipiellen Gameplay scheinbar auch ein, zwei Monster direkt bei „Dungeon Master“ abgkupfert wurden. Mal sehen, was sich bei unserer Rückkehr in die „Forgotten Realms“, genauer gesagt in die Gegend des Städtchen Waterdeep, so verändert hat…
Anstatt der Kanalisation ist diesmal der Tempel Darkmoon Angelpunkt des Geschehens, zeichnen sich dessen Bewohner doch nicht eben durch übertriebene Heiligkeit aus. Es wird sogar gemunkelt, daß die Tempelbrüder am Verschwinden mehrerer Leute beteiligt wären, aber nichts Genaues weiß man nicht. Aufklärung tut also not, und nach Meinung des Archmage Khelben Blackstaff ist dies ein Job für jene Abenteuer-Gruppe, die sich schon beim Vorgänger so wacker geschlagen hat. Wer will, kann daher auch wieder genau dieselbe Party verwenden, alternativ dazu bietet das Programm ein fixfertiges Helden-Team und die obligate Möglichkeit zum Selbersticken an. Entscheidet man sich für die kreative Lösung, darf man aus je sechs verschiedenen Rassen und Klassen (plus Mischvormen) sein personliches Quartett auf die Beine stellen und es später noch um zwei Non-Player-Charaktere zum Sextett erweitern. Wie gehabt lassen sich die Stammrecken mit einer individuellen Portraitgrafik ausstatten, zum Dank klettern sie auch fleißig auf der Erfahrungslevel-Leiter (bis zur 15 Stufe). Die NPCs sind diesmal wesentlich zahlreicher vertreten, außerdem zeichnen sie sich durch eine größere Gesprächsbereitschaft aus – Quasselstrippen à la „Ultima“ sind es zwar nach wie vor nicht, aber den einen oder anderen Hinweis zieht man ihren schon aus der Nase.
Außer potentiellen Party-Kandidaten schwirren natürlich auch jede Menge Gegner durch die Labyrinthe bzw. die nun endlich neu hinzugekommene Oberwelt. Eine richtige Wilderness oder gar Stadtspaziergänge darf man sich davon allerdings nicht erwarten.
Auch in Beholder II spielt die Musik vornehmlich im Dungeon! Immerhin tummeln sich im kleinen Waldstückchen am Anfang ein paar Wölfe, die wohl zum Erlernen des Kampfsystems gedacht sind: Mit der rechten Maustaste wird einfach die gewünschte Waffe angeklickt, schon zieht der entsprechende Kämpfer Gevatter Isegrimm einen neuen Scheitel. Dabei muß lediglich beachtet werden, daß der Nahkampf den Front-Helden vorbehalten ist, die Hintermänner können ihre Meinung nur mit Pfeil und Bogen, aufgesammelten Steinen oder anderen Wurfgeschossen kundtun. Das Ändern der Formation (via Funktionstasten) ist jedoch ein Kinderspiel, genau wie der Kampf mit magischen Mitteln. Immer noch darf man sich ganz bequem seinen Wunsch-Spell au dem aktuellen Angebot im Zauberbuch herausklicken, immer noch findet man Sprüche in Form von Scrolls und lernt sie während eines Nickerchens. Überhaupt wurden der Screenaufbau, das Inventory, ja eigentlich die gesamt Bedienung praktisch 1:1 vom Vorgänger übernommen – was wäre da schon groß zu verbessern gewesen? In Sachen Abwechslung und Schwierigkeitsgrad hat der Beholder allerdings durchaus Fortschritte gemacht. So findet man nun etwa einen Höhlen-eingang hinter saftig grünen Büschen, und in den Katakomben oder den drei (mehrstöckigen) Turn-Dungeons von Darkmoon geht’s dann richtig kernig zur Sache: Schier übermächtige Gegner, falsche Ratgeber, knobelige Rätsel, vertrackte Teleporter, tückische Fallen und hinterhältige Geheimtüren geben sich ein Stelldichein, und man stolpert über allerlei Equipment, wie rüstige Rüstungen, magische Gegenstände oder Scrolls mit brandneuen Zaubersprüchen. Rücksichtsvollerweise haben die Programmierer die praktischen „Heldenwiederbelebungs-Stationen“ ebensowenig vergessen, wie ihre Pflicht und Schuldigkeit gegenüber den Präsentations-Freaks – die Amigaversion steht der Tollen PC-Fassung kein bisschen nach!
Erneut fliegen also die Wurfmesser, Pfeile oder Feuerspells im Echtzeit durch beeindruckende 3D-Grafiken, die Zwischenbilder und fesch animierten Monster haben gegenüber dem ersten Teil der Saga nochmals zugelegt. Man schreitet ungemein flott durch die Abenteuerlandschaft, das Nachladen hält sich in engen Grenzen – einfach eine saubere Leistung! Der Sound (Musik & FX) hat ebenfalls nichts von seinen atmosphärischen Qualitäten verloren, und die Handhabung ist eh ein Gedicht. Das Lob erstreckt sich auch auf die erträgliche Diskwechselei, ein Zweitlaufwerk und dazu vielleicht 2MB Arbeitsspeicher machen eine Harddisk-Installation fast überflüssig. Somit ist Eye of the Beholder II zwar nicht mehr so innovativ, wie es sein Wegbereiter war, kann jedoch mit vielen Verbesserungen im Detail aufwarten. Schließlich und endlich der letzte Pluspunkt dieses prachtvollen Kerker-Opus: Unsere Testversion war zwar noch so englisch wie der Londoner Nebel, Ihr werdet aber eine komplett deutsche Angabe des Spiels in den einschlägigen Konsum- Dungeons finden! (C. Borgmeier/od) Amiga Joker, Mai 1992 |
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hinzugefügt: May 1st 2013
Magazin: AJ
Punkte: 1
Hits: 2014
Sprache: german