Elvira 1 - Mistress of the Dark
Genau vor einem Jahr haben wir das Preview zu diesem Spiel gebracht, und dann haben wir gewartet und gewartet und gewartet – bis wir selbst schon fast nicht mehr an die Existenz der Horrorlady glauben konnten! Aber Damen verspäten sich halt gelegentlich ein wenig...
Und Damen dürfen das, so aufregende wie Elvira erst recht! Noch dazu ist sie selbst ja eigentlich völlig unschuldig. Der Grund für diese wahrhaft monströse Verzögerung ist schon eher bei ihren Programmierern zu suchen, die halt einfach mal Perfektionisten sind. Und jetzt, nachdem wir das aufwendige Horror-Adventure mit eigenen Augen gesehen haben, ist die warterei vergeben und vergessen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Über 800 Örtlichkeiten, über 300 Gegenstände und über 100 Gegner warten hier auf einen, der auszieht, um das Gruseln zu lernen! Klingt gut? Ha, wenn Ihr unseren megaexklusiven Testbericht zu end gelesen habt, werdet Ihr wissen, dass "gut" hier schon fast eine Beleidigung ist... Elviras Oheim Elmo ist gestorben. Kein grosser Verlust für die Menschheit, denn besonders beliebt war der alte Finsterling zu seinen Lebzeiten nicht gerade. Vor allem Elvira ist ganz angetan von diesem Todesfall, hat ihr Onkel Elmo doch seine Burg mit allem Drum und Dran vererbt. Aus diesem bereits erwas wurmstichigen Gemäuer will sie eine Touristenattraktion ersten Ranges machen. Anfangs läuft auch alles nach Wunsch, am Abend vor Allerheiligen (Halloween…) ist die Bude bereits gerammelt voll. Nur, eigentlich hatte sie sich ihre Gäste etwas anders vorgestellt! Die Besucher denken nämlich gar nicht daran, irgendetwas zu bezahlen – ausserdem sind sie nicht mal lebendig... So eine Horde Gespenster im Haus reicht ja normalerweise vollkommen aus, um einem das Wochenende zu versauen, aber es kommt noch dicker: Elviras vor 100 Jahren gestorbene Ururgrossmutter Emelda hat sich nämlich überlegt, dass sie jetzt lange genug tot war, und plant deshalb ihre Auferstehung. Außerdem scheint Bescheidenheit nicht eine der bevorzugten Tugenden Emeldas zu sein, denn als nächstes Ziel peilt sie gleich die Weltherrschaft an! Der ganze Irrsinn lässt sich nur stoppen, wenn man eine Schriftrolle mit Zaubersprüchen findet, die irgendwo im Schloss versteckt ist. Das Röllchen modert in einer Truhe vor sich hin, für die man wiederum sechs Schlüssel braucht, die wiederum… Ihr seht schon: Ohne Eure Hilfe ist die fesche Elvira nun wirklich aufgeschmissen! Beim Durchwandern des Spukschlösschens kommt man dann aus dem Staunen überhaupt nicht mehr heraus: Grafiken in allerfeinsten „Amigacolor" und absolut filmreife Animationen beeindrucken selbst das verwöhnteste Auge. Und davon gibt es gigantischee Mengen - das Game hat allein zwölf verschiedene Todesbilder (Game Over) zu bieten! Der Soundtrack ist so atmosphärisch gruselig, dass selbst Frankenstein eine Gänsehaut bekommen würde, sofern er nicht schon vor den makaberen Effekten Reissaus nimmt. Zugegeben, manche Szenen sind hart an der Grenzen des guten Geschmacks und absolut ungeeignet für zimperliche Zeitgenossen. Aber die ganze Schauermär wird mit soviel Humor präsentiert, dass sich vermutlich selbst die Altherrenriege von der BPS das Lachen nicht verkneifen kann. Ein Gagjagt den anderen, jede Überraschung ist überraschender als die davor, kurzum: Entertainment in Reinkultur! Und damit man die prächtige Story auch richtig geniessen kann, bietet Elvira eine Benutzerführung, bei der man seine Tastatur getrost abstöpseln darf (ausser für's Abspeichern von Spielständen). Alles und jedes läuft im Maus/Icon-Betrieb, nur mit seinem Nagetier in der Hand kann man sich bewegen, handeln und das Mammut-Inventory verwalten – die Handhabung ist ähnlich wie bei Lucasfilm Games, mit Scrollbalken, einer Verben-Liste, usw. Die leichte Bedienbarkeit ist hier auch bitter nötig, weil es einiges zu tun gibt: Es darf gekämpft werden (in Echtzeit und mit Gegern, die sich schön langsam steigern), logische Rätsel harren ihrer Lösung, und Millionen von Schränken und Schubladen (naja, vielleicht sind's auch bloss ein paar tausend…) müssen geöffnet und durchsucht werden. Ausserdem enthält das Game diverse Rollenspielelemente: Der Spielercharakter hast sechs verschiedene Werte (Stärke, Erfährung…), er kann zaubern und muss darauf achten, dass er immer ausreichend zu essen und zu trinken kriegt. Zudem kann man nicht unbegrenzt Zeugs mit sich herumschleppen, und auch das Karten zeichnen sollte man nicht vergessen – Möglichkeiten, sich im Schloss oder im Gartenlabyrinth zu verlaufen, gibt's genug! So schwer es bei einem derart gelungenen Programm auch fällt, ein paar nagative Dinge dürfen nicht unerwähnt bleiben. Ein wunder Punkt ist das Kampfsystem, das gestandenen Rollenspielern vielleicht etwas zu simpel sein könnte. Dann findet die geballte Sound- und Grafikpower natürlich nicht auf einer Diskette Platz – dass man es bei Horror Soft geschafft hat, die ganze Angelegenheit auf fünf Disks unterzubringen, grenzt schon an Hexerei! Wer also keine Festplatte sein eigen nennt, muss schon etwas Handarbeit zum Diskwechseln investieren. Und wer gar nur 512K Speicher in seinem Amiga hat, muss auf Elvira leider ganz verzichten. Anderzeits: Wer sich für Elvira keine Speichererweiterung zulegt, ist der grösste Geizkragen seit Dagobert Duck – dieses Game muß man einfach haben! (mm) Amiga Joker, November 1990 |
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hinzugefügt: May 1st 2013
Magazin: AJ
Punkte: 1
Hits: 1497
Sprache: german