Shadow of the Beast 2
Die Erwartungen waren hoch: Wird die Grafik tatsächlich so schön sein, wie es die ersten Screenshots versprachen? Wurde dismal auf eine preistreibende Luxusausstattung verzichtet? Und vor allem: Ist die Spielbarkeit besser als beim ersten Teil?
Kurz und schmerzlos: Beast II ist eine herbe Enttäuschung. Dabei fängt alles so wunderbar an – zum Einstieg gibt es einen fantastischen Trickfilm voll herlicher Sounds und Animationen. Tief beeindruckt sieht man zu, wie ein Fledermaus-Monster zu einer einsamen Hütte fliegt, und dort ein schreiendes Baby aus seiner Wiege zu entführen. Die „verfilmte“ Vorgeschichte hat bloß einen Haken: Sie läßt sich nicht abstellen, bei jedem Neustart ist das volle Kidnappung-Programm angesagt. Zudem beansprucht die aufwendige Eröffnungssequenz eine ganze Disk für sich alleine. Auf der anderen sind dann Grafiken und Musikstücke verewigt, die zum besten zählen, was jemals auf dem Amiga produziert wurde. Der Soundprogrammierer hat sich glatt ’ne goldene Schallplatte verdient, für den Spieldesigner bleibt nur der Strick übrig. Warum? Das Game ist nahezu unspielbar!
Dabei klingt die Aufgabe nach dem üblichen Action-Stoff: Der barbarische Held hat sich durch horizontal scrollende Landschaften voller Gegner zu kämpfen, um letztendlich das Baby zu befreien und dem bösen Magier das düstere Lebenslicht auszublasen. Die Frage ist nur, wie? Wohin man sich auch wendet, überall ist die feindliche Übermacht derart erdrückend, daß trotz der genauen Stick-Abfrage selbst geübte Action-Spezialisten ihr bißchen Lebensenergie nicht lange beisammen halten können. Ob bärtige Neanderthaler, bissige Fische oder grüselige Vögel – alle tauchen stets in ganzen Rudeln auf! Da kann unser Barbar seinen Kampfjojo abfeuern, so oft er will, binnen kurzem sind nur noch seine Knochen übrig... Rein theoretisch ist es auch möglich, sich mit einigen Charakteren zu unterhalten, um Extrawaffen oder wichtige Hinweise von ihnen zu bekommen. Aber wie haben sich die Programmierer das bloß in der Praxis vorgestellt? Bei der ständigen Hektik hat man einfach keine Chance, die Sätze zu entziffern, die da in winziger Schrift auf dem Screen auftauchen. Handel treiben kann man ebenfalls – wiederum nur theoretisch. Denn bevor man die entsprechende Taste gedrückt hat, ist einem längst ein Feind zuvorgekommen. Freilich, die Grafik ist sogar noch schöner als beim ersten Teil; herrliche Pastellfarben und einfallsreich gestaltete Gegner, wohin das Auge blickt. Das unglaublich sanfte Scrolling ist beeindruckender denn je, und diesmal sind sogar die Animationen der Spielfigur und ihrer Widersacher gleichermaßen geschmeidig! Als Grafik- und Sounddemo ist Beast II fast unschlagbar, als Spiel ein glatter Reinfall. Und was die Preistreiberei betrifft: Um den Horror=Bedtrag von über 100 Steinen zu rechtfertigen, liegt der Packung auch diesmal wieder ein (hübsch) bedrucktes T-Shirt bei. Seid Ihr nun enttäuscht? Wir auch!!! (C. Borgmeier) Amiga Joker, Oktober 1990 |
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hinzugefügt: May 1st 2013
Magazin: AJ
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Sprache: german