Corporation
Die Tage werden kälter und die Nächte immer länger – höchste Zeit, sich auf die Suche nach einem schönen Rollenspiel zu machen, das den Winter etwas erträglicher gestaltet. Für mich ist diesjährige Software-Pirsch bereits beendet…
![]() Innerhalb eines Jahrzehns hat sich die „European Cybernetics Corporation" zur grössten Wirtschaftsmacht der Welt gemausert, einfach indem sie haufenweise Roboter unter die Leute gebracht hat. Zwar wurden die Menschen reihenweise arbeitslos, aber wen kümmert's, wenn ohnehin die Blechkameraden für einen schuften? Während praktisch jedermann im Freizeit-Paradies schwelgte, traten ein paar betuchte Kunden mit dem Wunsch nach einer richtig schönen Killermachine an die Corporation heran. Der Kunde ist bekanntlich König (besonders wenn er die nötige Kohle hat), also machte man sich an die Entwicklung. Unter strengster Geheimhaltung, da illegal, wurde mit Genmanipulation experimentiert. Vom Forschungserfolg bekam die ahnungslose Bevölkerung erst Wind, als sich eine der Kreaturen aus der Londoner Fabrik verabschiedete, um mal auszuprobieren, wie Passanten schmecken. Jetzt hatte die Regierung den Salat: Aus Rücksicht auf die Weltwirtschaft kontte die Corporation schlecht dicht gemacht werden, anderseits kann man sowas ja auch nicht einfach durchgehen lassen. Wenn man nun aber Beweise für die genetischen Spielereien in der Hand hätte, könnte man darauf drängen, die illegalen Forschungen einzustellen, ohne dass die legalen Aktivitäten der dubiosen Firma zum Erliegen kommen. Und genau diesen Beweis in Form eines manipulierten Embryos soll der Spieler nun aus dem Fabriksgebäude klauen. So weit, so schlecht – schieben wir also die erste der beiden Disks ins Laufwerk. Nachdem man die stimmungsvolle Eröffhungssequenz gebührend bewundert hat, wird die zweite Diskette eingelegt, und man darf sich aus sechs Charakteren den passenden aussuchen. Zur Auswahl stehen zwei Frauen, zwei Männer und zwei Androiden, die natürlich alle unterschiedliche Werte für Ausdauer, Stärke, Geschicklichkeit, etc. haben. Die Androiden verfügen allerdings über keinerlei PSI-Kräfte, dem SF-Gegenstück zu den guten alten Zaubersprüchen. Aber auch die menschlichen Charaktere müssen erst eine bestimmte Droge, oder besser noch ein formschönes Stirnband finden, ehe sie schweben oder sich per Gedänkenkraft selbst heilen können. Freilich geht's auch ohne PSI: Wie wäre es zum Beispiel mit einer feinen Handfeuerwaffe? Oder einer hübschen, kleinen Bombe? Auf jeden Fall ist ein Medizinköfferchen nützlich, und auch ein Schutzanzug hat noch nie geschadet. Vier Modelle stehen zur Wahl, die sich in Preis, Gewicht und Leistungsfähigkeit unterscheiden. Sobald man nichts mehr tragen kann oder das Budget erschöpft ist, macht man sich auf den Weg in die Grusel-Fabrik.
Ich hoffe, zwischenzeitlich ist deutlich geworden, das Corporation selbst neben Meilensteinen der Softwaregeschichte wie „Bard's Tale" oder „Dungeon Master" eine gute Figur macht. Die Handhabung geht im allgemeinen voll in Ordnung, nur die umständliche Save/Load-Prozedur drückt ein bisschen auf die Stimmung. Die gelungene Icon-Steuerung vermittelt dem Spieler jederzeit das Gefühl, die Sache voll im Griff zu haben. Auch die Vektor-Grafik kann begeistern, sie iest schnell und flüssig. Und die gut animierten Gegner sind sowieso eine Augenweide! Hinzu kommt ein packende Titelmusik und stimmungsvolle Effekte während des Spiels. Was Corporation aber zu einem Hit macht, ist die komplexe und fesselnde Story, gefolgt von einem Schwierigkeitsgrad, der Wochen und Monate lang motiviert, ohne frustrierend zu werden. Da kann es nur ein Fazit geben: Holt Euren besten Kampfanzug aus der Mottenkiste und besorgt Euch dieses Game – es lohnt sich! (Hans-Werner Raabe) Amiga Joker, November 1990 |
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hinzugefügt: October 30th 2013
Magazin: AJ
Punkte: 1
Hits: 1488
Sprache: german